Portfolio.

4. "Herstellung" von Schmuck.

Wie ich bereits in der Kapitel "Schmuckimport” erzählte, das Hauptproblem in den 90-ern bei Herstellung, Import und Verkauf von Schmuck waren hohe Verbrauchssteuern, gar nicht zu reden von zusätzlichen MwSt und Zöllen (welche im Falle der Einfuhr zu erheben waren).

Da standen wir vor einer Gesetzlücke, welche wie folgt festgelegt werden konnte: "Bei jeglicher Ware, welche aus Materialien russischer Herkunft jeglicher Art produziert ist und zurück nach Russland importiert wird, unterliegt der Wert der Rohmaterialien dieser Ware keiner Besteuerung."

Ich habe keine Ahnung, von wem, wie und wofür diese Lösung erfunden wurde. Ich glaube, ich erfuhr dies von einem Bekannten, welcher beim Ministerium für Außenhandel arbeitete.

So funktionierte es: jemand nahm ein Darlehen bei der Bank auf, kaufte dafür ziemlich viel Gold bei Gokhran und exportierte es (lizenziert von MFER) in die Schweiz, wo dieses sofort zum Marktpreis des reinen Goldes verkauft wurde. Danach konnte man das Darlehen an die Bank auf einmal zurückzahlen, wenn es nötig war. Dadurch erhielte man eine dauernhafte Quote zur steuerfreien Importierung von Schmuck nach Russland. Besteuert wurde Goldbearbeitung, dafür aber hatten wir andere Schemas zur Steueroptimierung bereit. Vielleicht klingt es verrückt, jedoch funktionierte es wirklich. So sah unser Importalltag bis Sommer, 1998 aus.

Wir pflegten Schmuck an die Kaufhäuser ( Dutzende von Shops in Moskau und St. Petersburg) zu übergeben. Die Shops zahlten an uns nach dem Verkauf. Das heißt, wir zahlten für den Schmuck in der Fremdwährung und erhielten Rubles vom Verkauf. Das wirkte wie eine Bombe mit verzögerter Wirkung. Bis zum 17. August, 1998 war der Rubel an den US Dollar gekoppelt (Wechselkurz zwischen USD und RUB war 1 zu 6). In ein Paar Wochen schoß der Dollar hoch, und kostete schon 20 Rubel. Infolge einem Monat der Instabilität fiel er nie wieder unter 15 Rubel. Die Krise war verrückt. Krisen bringen immer was Tolles mit. Das ist aber eine andere Geschichte. An dem Moment war es wirklich erschütternd. Viel Geld ging verloren.

Wir konnten versuchen, eine Menge von Darlehen aufzunehmen, um die Situation zu retten. Jedoch war ich zu dem Zeitpunkt bereits ins Ausland umgezogen, und interessierte mich nicht mehr für kaufmännische Tätigkeiten in Russland, meistens wegen Bestechung (das war schlimmer, als Banditentum sogar). Ich ekelte von dem Gedanken, dass es bei Abwicklung von fast jedem Projekt vorausgesetzt war, bestimmte Person zu bestechen, und das war mehr wichtig als Business selbst. Ich konnte mir schon kein Geschäftsmuster ausdenken, wo wir es ohne viele blutsaugende Beamten schaffen konnten. Seit Langem träumte ich von einem Geschäft, in welchem keine “Blutsauger” mich von diesem Geschäft selbst ablenken würden.

Kurz gesagt, die Krise von 1998 war ein perfekter Anlass, um Russland endgültig zu verlassen. Es ist tatsächlich so, dass ich Russland zwischen 1998 und 2013 nie besuchte. Das war nicht meine Absicht, es kam dazu zufällig.

Das Fazit ist, ich bin der Krise des Jahres 1998 sehr dankbar.